Mobbing am Arbeitsplatz

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Was ist eigentlich Mobbing?

Meine Lieblingsdefinition

Bei einem dissidenten Menschen haben viele Leute ein ressentimentes Gefühl, wobei sie sofort apodiktisch argumentieren anstatt zu ästimieren! Viele Leute könnten daher rezeptiv stark eingeschränkt sein.
Erdacht von Ernst-Georg Buchmann-Lange,©Solid-design.de, Verwendung mit freundlicher Erlaubnis von Klaus Brinkmann und Ernst-Georg Buchmann-Lange

Wie, bitte??

Geht das auch auf Deutsch?

Na klar! Dafür habe ich ein Fremdwörterlexikon gewälzt:

Bei einem Menschen, dessen Ansichten von der herrschenden Meinung abweichen, haben viele Leute das Gefühl eines stillen Grolls, wobei sie sofort argumentieren, ohne eine andere Meinung gelten zu lassen, anstatt den anderen als Persönlichkeit zu schätzen und ihm Aufmerksamkeit zu schenken. Viele Leute könnten daher in ihrer Aufnahmefähigkeit stark eingeschränkt sein.

Soso! Und was gibt es hier noch?

Einen Erfahrungsbericht - Vorsicht, der wird lang!

Im Folgenden werde ich den Werdegang meines Arbeitsverhältnisses darlegen. Dabei werde ich versuchen zu beschreiben, wie subtil die Mechanismen des Mobbings teilweise funktionieren. Ein Hauptproblem bei Mobbing am Arbeitsplatz ist, dass sich auch nach Erkennen der Situation kaum wirksame Gegenmaßnahmen ergreifen lassen. Da ich mir früher -als »glückliche Malocherin«- nie etwas genaues unter Mobbing vorstellen konnte, möchte ich hier eine möglichst brauchbare Erklärung für interessierte Nichtbetroffene erstellen. Vielleicht finden sich ja auch Betroffene in den folgenden Schilderungen wieder.


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Meine persönliche Erfahrung

Prolog

Im April des Jahres 1988 trat ich eine Teilzeitstelle als Kommissionierin an. Das war nicht gerade mein Traumjob, aber wegen meiner bevorstehenden Ehescheidung musste ich dringend etwas Geld verdienen. Zeitlich war der Job mit einer angebotenen Kinderbetreuungsmöglichkeit vereinbar. Ich hatte einen auf 18 Monate befristeten Arbeitsvertrag unterschrieben und war der festen Überzeugung, bis dahin etwas anderes gefunden zu haben. Die Beschäftigung erwies sich - wie erwartet - als recht anspruchslos, war ziemlich langweilig und fiel mir leicht, sodass meine Fehlerquote gering war (null bis zwei Greiffehler pro Monat). Die viereinhalb Stunden jeden Abend waren gut auszuhalten und sicherten mir ein sehr bescheidenes Basiseinkommen. Was mir schon frühzeitig angenehm auffiel, war der überwiegend angenehm kultivierte und höfliche Umgangston in diesem Betrieb. Die Belegschaft bestand überwiegend aus Frauen. Die jüngeren KollegInnen duzten sich oft (nicht alle), mit den Älteren und den Vorgesetzten war man allgemein »per Sie«. Das erzeugte eine freundliche Atmosphäre mit genau der Distanz, die ich am Arbeitsplatz wohltuend finde - nicht zu viel und nicht zuwenig.
Nach ein paar Monaten wechselte ich die Arbeitszeit, weil meine Tochter mit der Uhrzeit nicht zurecht kam. Jetzt arbeitete ich vier Stunden täglich von 10-14 Uhr. Auch das war in Ordnung. Die KollegInnen waren größtenteils andere als zuvor, und es war ein etwas hektischeres Arbeiten als abends.
Im Juni 1989 bemühte ich mich um eine Ausweitung meiner Arbeitszeit, und mir wurde eine Vollzeitstelle als Wareneingangskontrolleurin angeboten. Mir war klar, dass dort Schmutz und Knochenarbeit auf mich zukommen würden, und ich zögerte. Die Arbeitszeit von 7.30 Uhr bis 15.57 Uhr fand ich allerdings angenehm, und nach einigen Tagen Bedenkzeit willigte ich ein. Nachdem ich diesen Job eine zeitlang gemacht hatte, bekam ich Schwierigkeiten mit dem Rücken, was bei der besonders rückenfeindlichen Ausstattung des Arbeitsplatzes auch nicht mit verbesserten Bewegungsabläufen in den Griff zu bekommen war. Daraufhin wurde ich zunächst im Wareneingangsbüro eingesetzt und später an der Warenannahme. Ich machte den »Staplerschein« und blieb jahrelang als Alleinkraft an diesem Arbeitsplatz. Es war anstrengend und mit recht vielen Überstunden verbunden, aber ich fand es herrlich. Mit den KollegInnen und Vorgesetzten kam ich im Großen und Ganzen gut zurecht, da gab es keinerlei nennenswerte Probleme. Für besondere Aktionen, bei denen es auf Genauigkeit und Zuverlässigkeit ankam wie z. B. Inventurvorbereitungen, wurde ich regelmäßig gern herangezogen. Nebenberuflich fuhr ich für einen Kurierdienst.
Im Laufe der Zeit wünschte ich mir sehr, eine Art berufliche Qualifikation nachzuholen. Andererseits liebte ich genau diese Arbeit, die ich tat - und wie. Ich hatte schon immer eine Schwäche für diese Materie gehabt. Also informierte ich mich über die diesbezüglich bestehenden Möglichkeiten und begann noch neben den beiden Arbeitsstellen eine anstrengende Fortbildung zur Industriemeisterin für Lagerwirtschaft, die ich im Dezember 1996 erfolgreich abschloß.


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Die Umstrukturierung

In einer spektakulären Aktion änderten sich die Besitzverhältnisse bei meinem Arbeitgeber, und es wurde 1997 »umfirmiert«. Der Betrieb ist seither verpachtet, und es erfolgte die Zusammenlegung mit einem anderen hiesigen Betrieb, der früher einmal ein »Mitbewerber« gewesen war und jetzt ganz offiziell zum selben Unternehmen gehörte. Nach und nach hielt die Führungsriege dieses Betriebes bei uns Einzug. Mir wurde eine andere Beschäftigung angeboten, die wesentlich uninteressanter war als die Warenannahme. Da mich der bisherige Job aus damals rätselhaften Gründen körperlich immer mehr anstrengte, vielleicht etwas mehr Geld bei der Sache herauskommen konnte und das Ganze zeitlich auf einige Monate begrenzt war, nahm ich das Angebot dennoch an. Dabei hatte ich den Vorsatz, die Arbeit schon interessant zu gestalten und so weit wie möglich zu optimieren. Mit Sicherheit ist mir da auch Einiges sehr gut gelungen, auch wenn das heute wohl keiner meiner Vorgesetzten mehr wahrhaben möchte. Aufgrund der Zusammenlegung zweier Häuser war ein großer An- und Umbau im Betrieb geplant, und für die Zeit nach dessen Abschluß war mir bereits ein anderer Job aufgetragen: gemeinsam mit einem Kollegen sollte ich für die drei Kommissionierautomaten zuständig sein, die es dann geben würde.


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...und der Lauf des Übels begann

Die Umbauphase lief an und war mit viel Aufwand und Überstunden verbunden. Mit der Zeit realisierte ich, dass einer der hinzugekommenen Vorgesetzten meinen zukünftigen Arbeitsplatz bereits Monate, bevor ich ihn antreten sollte, an einen »seiner« Azubis vergeben hatte, ohne mir gegenüber auch nur ein Wort darüber zu verlieren. Da ich eine Freundin klarer Verhältnisse bin und bis dahin das Glück gehabt hatte, von solchen Vorgehensweisen verschont geblieben zu sein, war ich zuerst einfach nur irritiert. In einem günstigen Moment sprach ich die Sache an und erhielt nur ein paar ausweichende Floskeln zur Antwort. In diesem Augenblick - es war im Sommer 1997 - erkannte ich zum ersten Mal, das hier irgendetwas oberfaul war. Allerdings hatte ich damals keine Vorstellung von dem, was noch auf mich zukommen sollte. Im Grunde war ich sogar noch recht optimistisch, denn in einer völligen Fehleinschätzung der Lage ging ich davon aus, dass auf Dauer ein entspanntes Arbeitsverhältnis mit gegenseitigem Respekt im Interesse aller Beteiligten sei. Es würde schließlich den Arbeitsalltag jedes Einzelnen qualitativ verbessern, und auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht fand ich es durchaus sinnvoll. Das Dumme war nur, dass ausser mir niemand dieser Meinung war...

Obwohl man mich nach und nach quasi »kaltstellte«, ging ich zu diesem Zeitpunkt immer noch täglich mit Begeisterung zur Arbeit. Einige KollegInnen dachten an Stellenwechsel und setzten das teilweise auch später in die Tat um. Was mich vor allem hielt, war eine zweite Fortbildung, die ich anstrebte. Ich hatte mich bei einem Vorbereitungskurs auf die Prüfung zur »Technischen Betriebswirtin IHK« angemeldet. Mein Plan war, diese recht anspruchsvolle und entsprechend anstrengende Maßnahme erst zu beenden und mich dann gegebenenfalls beruflich neu zu orientieren, wenn sich bei meinem Arbeitgeber keine interessante Möglichkeit ergeben sollte. Ich sah da kein Problem, schließlich hielt ich mich für kerngesund - das war meine zweite große Fehleinschätzung.


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Wohin jetzt?

Der Umbau war fertiggestellt, und die endgültige Zusammenlegung der beiden Ursprungsbetriebe stand unmittelbar bevor. Damit nahm auch mein derzeitiger Job sein geplantes Ende, denn er wurde - wie vorgesehen - von einem Kollegen aus dem anderen Betrieb weitergeführt. Eine Zusammenarbeit mit dem jungen Mann war wohl undenkbar, denn bei einem ersten Treffen wollte ich mich nicht mit ihm duzen, und das hatte er mir offensichtlich nicht verziehen. Dass das »Du« bei den »Anderen« sozusagen zwingend zum guten Ton gehörte, weil man sonst als »eingebildet« und artverwandtes galt, war mir in diesem Moment noch nicht bekannt (und leuchtet mir aufgrund meiner Affinität zur deutschen Sprache, in der die Anrede »Sie« im Reallife ja die Norm und keine Beleidigung ist, bis heute nicht ein). Kurz und gut, irgendwo musste ich nun hin, und da der Mond leider nicht auf dem Betriebsgelände liegt, musste etwas vergleichbares gefunden werden, wohin man mich quasi »entsorgen« konnte. Natürlich fand sich auch ein geeigneter Platz, nämlich doch in der Kommissionierautomatenführung, und zwar an dem Automaten, der schon vor dem Umbau im Haus gewesen war. Die beiden Kollegen waren angeblich mit den neuen Automaten reichlich ausgelastet, und jemand müsse sich dort kümmern. Die erforderlichen Informationen möge ich mir doch bei den Herren einholen.Diese Maßnahme brachte dann die erwünschte Wirkung:


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Das Beste daraus machen - aber wie?

Die Situation verschärfte sich täglich. Es endete zunächst damit, dass »die rechte Hand« und Vertretung jenes Vorgesetzten, um den es hier hauptsächlich geht und der sich zu der Zeit im Krankenstand befand, mich anwies, das »Herumlaufen im Haus« zu unterlassen und mich lieber damit zu beschäftigen, die neu eingegangene Ware zum Automaten hinaufzuschaffen, da die entsprechenden Kollegen im Moment nicht verfügbar waren. Merkwürdig, denn in meinem vorherigen Job, den ja jetzt jemand anders machte, fiel genau das auch schon in meinem Zuständigkeitsbereich...
Da ich aber jetzt schon mehr darüber wußte, wohin diese Reise gehen sollte, fügte ich mich ohne weiteren Kommentar. Ich redete mir ein, die Wärme und die schlechte Luft wären letztendlich vielleicht doch nur Gewöhnungssache, und so machte ich mich ans Werk. Palettenweise schleppte ich Kartons mit Ware die Treppe hinauf und verteilte und verräumte sie oben. Es gab auch noch Wareneingang in Kommissionierbehältern, den ich ebenfalls bearbeitete. Körperlich tat mir das Ganze überhaupt nicht gut. Ich fühlte mich nach wenigen Tagen endlos erschöpft, meine Schulter schmerzte, einige Finger wurden gefühllos. Ausserdem war ich völlig ratlos bezüglich der nun wirklich sehr unangenehmen Arbeitsplatzsituation, und meine Stimmung näherte sich ganz allmählich dem absoluten Nullpunkt. Meine Freizeit erbrachte trotz absichtlich viel Ruhe und Entspannung überhaupt keinen Erholungseffekt. Auch als ich nicht mehr permanent Ware verräumen mußte, besserte sich das alles nicht. Nach einer Weile sah ich morgens nach dem Aufwachen alles doppelt. Wie ich dann einige Tage später erfahren sollte, war mein schlechtes Befinden eigentlich nicht weiter verwunderlich. Denn als ich deswegen zum Arzt ging, wurde recht schnell die MS und ein akuter Schub diagnostiziert. Deswegen wurde ich dann mehr als sieben Wochen aus dem Verkehr gezogen und hatte ersteinmal ganz andere Sorgen. Die Einzelheiten hierzu sind auf der Seite »Meine Aufnahme im Club« beschrieben. Mein Vorgesetzter quittierte die Information, dass man mich als Notfall in der Uniklinik aufnehmen würde, mit einem schlichten: »Ja, ist gut!«. Er war allerdings der Einzige, der das gut fand...


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Wieder am Arbeitsplatz

Nachdem ich eine Cortison-Stoßtherapie mit langem Ausschleichen hinter mich gebracht hatte, kehrte ich an meinen Arbeitsplatz zurück. Obwohl ich so lange wegen Krankheit gefehlt hatte, wurde ich behandelt, als wäre nichts gewesen. Das wunderte ich mich auch eigentlich gar nicht, aber da ich im Umgang mit Mitarbeitern geschult bin, fiel es mir doch auf. Nach und nach stellte ich meine Leistungsfähigkeit auf die Probe, die jedoch weiterhin durch die ungünstigen Umgebungsbedingungen geschmälert war. Nachdem ich bereits einige Wochen zurück am Arbeitsplatz war, gratulierte mir der Betriebsratsvorsitzende zu meinem zehnjährigen Betriebsjubiläum, das während des Krankenstandes stattgefunden hatte. Nach seiner Intervention wurde mir dann auch seitens meines Vorgesetzten der obligatorische Blumenstrauß eiligst nachgereicht mit der Bemerkung, die Sache mit dem dazugehörige Glas Sekt werde nachgeholt. Jetzt, da ich diese Zeilen schreibe, ist das alles fast vier Jahre her. Besagten Umtrunk hat es bisher natürlich nicht gegeben.
So verging dann einige Zeit zwar mit den üblichen Schwierigkeiten, aber ohne nennenswerte Vorkommnisse.


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Ein Lichtblick und neue Problemchen

Es ergab sich eine Änderung: der bereits erwähnte »Vertreter des Chefs« übernahm an dessen Statt das Kommando über die Kommissionierautomaten. Das bedeutete für mich zunächst, der Verbannung auf die Arbeitsbühne unter dem Dach zu entrinnen und mit den beiden Kollegen, zu denen sich das Verhältnis allmählich etwas gebessert hatte, an allen Automaten zusammenzuarbeiten. Wir wurden dann verpflichtet, abwechselnd Spät- und Samstagsdienste zu übernehmen. Wegen meiner Interferontherapie (die ja letztlich auch dem Erhalt meiner Arbeitskraft dienen sollte) und den damit verbundenen immensen Nebenwirkungen konnte ich freitags keinen Spätdienst absolvieren. Das wurde auch akzeptiert und ging solange gut, bis mal niemand anders den Freitagsspätdienst machen konnte, weil alle etwas vorhatten. Ich hatte mir fest vorgenommen, meine wöchentliche Injektion immer einigermassen zu gleichen Zeit zu nehmen, und erklärte, dass ich - wie bekannt - auch nicht zur Verfügung stehen würde. Das brachte mir ein Gespräch mit meinem Vorgesetzten ein, in dem er sagte: »Frau A., ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie Ihr Leben lang jeden Freitag abend eine Spritze bekommen müssen. Klären Sie das doch mal mit Ihrem Arzt.«. Nach meiner Erklärung, dass die Behandlung nach derzeitigem Wissensstand unbegrenzte Zeit andauern sollte, wiederholte er die Aufforderung, das mit dem Arzt abzuklären. Ich bot an, eine ärztliche Bescheinigung beizubringen, aber er lehnte ab. Offensichtlich genügte es ihm, mir auf diese Art klarzumachen, dass er mir nicht glaubte.

Es ergaben sich noch andere Unannehmlichkeiten. Der Betriebsrat hatte ohne mein Wissen meinem Vorgesetzten gegenüber der Betriebsleitung vorgeworfen, mich zu mobben. Erst im Verlauf des Gesprächs, das deswegen stattfand, stellte es sich für mich heraus. Natürlich wird mir diese Sache wohl auf Ewig nachhängen - nur eine Person aus dem Kreis der Vorgesetzten interessierte sich dafür, das ich das gar nicht gesagt hatte. Ich habe es auch wirklich damals noch nicht so gesehen.

Ein weiteres Gespräch mit dem betreffenden Vorgesetzten und dem Betriebsleiter brach ich ab, weil ich damals zu meiner Entlastung kurzzeitig unter dem Einfluss von »Scheissegal-Pillen« stand und so völlig emotionslos, aber dafür glasklar verfolgen konnte, wie ich mit rhetorischen Mitteln demontiert und vorgeführt werden sollte. Vermutlich seither galt ich, wie sich viel später herausstellen sollte, als psychisch krank. Das erklärte rückblickend diverse suboptimale Reaktionen des Betrieblseiters auf Äusserungen meinerseits, um es mal diplomatisch auszudrücken...
Dieser Vorfall machte mir jedenfalls klar, dass mein Arbeitsplatz wohl stark gefährdet war. Da mir wegen meines weniger guten Gesundheitszustands ein Wechsel zu riskant war, beantragte ich daraufhin einen Schwerbehindertenausweis (Dezember 1998).


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Die »Strafversetzung«

Einige Zeit später (Anfang März 1999 und unmittelbar nach meiner Prüfung zum Technischen Betriebswirt) wurde ich von meinen bisherigen Aufgaben entbunden, und seither bin ich als Lagerarbeiterin eingesetzt. Der mir - ziemlich unverblümt - genannte Vorwand: ich hatte »krankgefeiert«. Sogar für den Samstag, an dem ich hätte arbeiten sollen, war ich doch tatsächlich krankgeschrieben gewesen - unerhört. Es hiess, was ich mir jetzt geleistet hätte, wäre aber nun wirklich zuviel. Keines meiner vorgebrachten Argumente fand Gehör. Da die mir zugewiesene Arbeit vertragskonform ist, nahm ich sie auf und versuchte weiterhin,, das Beste aus der Situation zu machen - was blieb mir auch sonst übrig? Für mich steht fest, dass ich damit veranlasst werden sollte, zu kündigen. Wenn ich noch gesund gewesen wäre, hätte es auch mit Sicherheit funktioniert
Als ein paar Wochen später mein Schwerbehindertenstatus vom Versorgungsamt anerkannt war, suchte ich erneut das Gespräch mit der Betriebsleitung. Schliesslich ging ich davon aus, diese momentane Beschäftigung nicht auf Dauer ausüben zu können. Der Betriebsratsvorsitzende empfahl mir, zunächst ein Vier-Augen-Gespräch zu führen. Das war auch durchaus in meinem Sinne, und ich rief die Sekretärin des Herrn an und bat um einen Termin. Als dann das Gespräch stattfand, nahm auf Wunsch des Betriebsleiters (!!!) der Betriebsratsvorsitzende auch daran teil - eine ässerst ungewöhnliche Maßnahme, wie ich finde. In diesem Gespräch holte ich mir jedenfalls eine Abfuhr auf der ganzen Linie. Diesen Job würde ich erstmal behalten, denn ich passe nicht ins Team. Es war noch die Rede von Karriereknick und ähnlichen Dingen, die weit entfernt von dem waren, was ich eigentlich gerne besprochen hätte.
Also kehrte ich, wieder um eine Erfahrung reicher, zu meinem Arbeitsplatz zurück. Immerhin war jetzt geklärt, dass die Sache für mich aussichtslos war.
Im allgemeinen konnte ich meine Arbeit noch ganz gut machen, und man ignorierte mich dabei weitgehend, d.h. wenn alle irgendetwas erhielten wie z.B. eine Information, erhielt ich sie ganz bestimmt nicht. Wenigstens hatte ich soweit Ruhe, wenn man mal davon absieht, dass mir während einer Krankschreibung im November 1999 seitens des Chefs am Telefon zur Folge-AU gratuliert (!) wurde (ich, betont korrekt:»Herr ..., ich bin weiter krankgeschrieben bis zum soundsovielten«, darauf er:»Na, herzlichen Glückwunsch!«).


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Eine Abmahnung - an den Haaren herbeigezogen

Mein Vater führt schon, seit ich mich erinnern kann (und etwas länger), einmal jährlich einen Getränkeverkauf auf einer Grossveranstaltung (Jahrmarkt) durch, der an seinem Wohnort - also genau vor seiner Tür - stattfindet. Damit bin ich gross geworden, und ich mag den Rummel einmal im Jahr sehr. Irgendwie fühle ich mich dazugehörig, und das Ganze macht mir einen Riesenspaß. Seit ich 16 Jahre alt war, bin ich aktiv bei der Aktion behilflich. Ich hatte mir immer Urlaub für den entsprechenden Zeitraum genommen, und was ich diesem Urlaub mache, war auch seit jeher im Betrieb allgmein bekannt. Es gab auch kein Problem bis zum Jahr 2000. Wie meist, bin ich von Betriebsangehörigen im Pavillon gesehen worden. Aber diesmal erhielt ich anschließend folgendes:

...wir sind darüber informiert worden, dass Sie am Wochende 9./10. September 2000 auf Pützchens Markt im Bierpavillion eine Nebentätigkeit ausgeführt haben.
Wir machen Sie darauf aufmerksam, dass Sie gemäß der im Arbeitsvertrag § 7 festgehaltenen Vereinbarung bezüglich Nebentätigkeit den Arbeitgeber vorab darüber zu informieren haben. Dies ist Ihrerseits nicht geschehen.
Da wir davon ausgehen, dass Sie auch an anderen Festlichkeiten diese unerlaubte Nebentätigkeit in der Gastronomie ausführen, erwarten wir von Ihnen, dass Sie diese unverzüglich einstellen. Aufgrund der ausgeführten Nebentätigkeit können wir eine Beeinträchtigung Ihrer arbeitsvertraglichen Pflichten erkennen. Im Hinblick auf Ihren labilen gesundheitlichen Zustand, der in unserem Unternehmen zu einer von uns bereits bemängelten hohen Fehlzeitenrate geführt hat, ist es sicherlich nicht in Ordnung, dass Sie sich zusätzlich zu Ihrer hier auszuführenden Vollzeittätigkeit anderweitig in Ihrer Freizeit auch noch körperlich verausgaben. Freizeit ist klar zur Erholung notwendig und nicht um eine zusätzliche Belastung herbeizuführen.
Ihr Verhalten stellt eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung dar, die wir in dieser Form zukünftig nicht hinnehmen werden. Wir erteilen Ihnen hiermit für Ihr arbeitswidriges Verhalten eine Abmahnung und untersagen Ihnen ausdrücklich die Ausführung weiterer entgeltlicher Tätigkeiten. Bei einem erneuten gleichartigen Fehlverhalten müssen Sie mit der Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses rechnen.
Eine Kopie dieser Abmahnung wird in Ihre Personalakte aufgenommen.
Hochachtungsvoll

Wer mag, kann sich das Schreiben HIER ansehen.

Erst war ich einfach nur wütend über diese Anhäufung von falschen Spekulationen, aus denen diese Abmahnung bestand. Ich antwortete kurz und knapp:

...bezugnehmend auf Ihr o.a. Schreiben stelle ich mit Befremden fest, dass sowohl Ihr Informationsstand als auch Ihre weiteren Behauptungen und Belehrungen keinerlei tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen.
Daher fordere ich Sie hiermit ausdrücklich auf, die mit Datum vom 20.09.2000 erteilte Abmahnung sofort vollständig zurückzuziehen sowie unverzüglich aus meiner Personalakte zu entfernen.
Der Betriebsrat erhält ein Duplikat dieses Schreibens zur Kenntnis.
Hochachtungsvoll

HIER ist die Kopie der Antwort zu sehen.

Anschließend wurde ich mündlich aufgefordert, dieses Schreiben zu erläutern, und ich erklärte den Sachverhalt. Die Antwort ließ auf sich warten, aber schließlich kam sie doch:

...bezugnehmend auf Ihr Schreiben vom 2000-09-26 und Ihrer gegnüber Herrn ... mündlich ausgeführten Gegendarstellung werden wir die Abmahnung nicht zurücknehmen.
Sie haben erläutert, dass Sie diese Tätigkeit im Bierpavillion auf Pützchens Markt aufgrund familiärer Verbundenheit und aus Traditionsgründen unentgeltlich durchgeführt haben, aber für uns steht hier auch nicht die entgeltliche Tätigkeit im Vordergrund.
Unserer Meinung nach sehen wir einen sehr starken Konflikt in der körperlich anstrengenden Arbeit in Ihrer Freizeit, obwohl die Freizeit einen Erholungswert haben sollte. Gerade Sie als anerkannte Schwerbehinderte unterliegen einem erhöhten Schutzbedürfnis bei körperlicher Anstrengung. Dass die Arbeit in einem Bierpavillion mit körperlicher Anstrengung verbunden ist, steht für uns ausser Frage. Nebentätigkeiten, die die körperlichen Kräfte des Arbeitnehmerns so stark beeinträchtigen könnten, dass die vertraglich geschuldetete Arbeitsleistung nicht voll im Interesse des Unternehmens ausgeführt werden kann, sind nicht erlaubt. Der Arbeitnehmer ist sogar zur helfenden Unterstützung beim Genesungsprozess verpflichtet.
Wir sehen einen sehr starken Zusammenhang in der körperlichen Nebentätigkeit und Ihrer sehr hohen Fehlzeitenquote. Aufgrund Ihrer häufigen Fehlzeiten können Sie Ihre Arbeitsleistungen dem Unternehmen nicht voll zur Verfügung stellen. Damit beeinflusst Ihre Nebentätigkeit das Interesse des Unternehmens negativ.
Wir untersagen Ihnen hiermit nochmal ausdrücklich derartige Nebentätigkeiten, die durch Überanstrengung Ihre vertraglich geschuldetete Arbeitsleistung beeinträchtigen könnten.
Eine Kopie dieses Schreibens werden wir dem Betriebsrat zur Kenntnis überreichen.
Hochachtungsvoll...

Auch das gibt es HIER zu sehen.

Der Betriebsrat hatte mir gesagt, wenn der Arbeitgeber die Abmahnung nicht freiwillig zurücknehmen würde, müsse ich gegebenenfalls vor dem Arbeitsgericht darauf klagen. Also nahm ich Kontakt zu einem Rechtsanwalt auf, der mir erklärte, dass das Gericht Wert darauf legt, dass im Vorfeld einer Klage alles unternommen wird, um ein Gerichtsverfahren zu verhindern. Deshalb würde er erst versuchen, ohne Klage weiterzukommen. Er schrieb folgendes:

...Begründung: Es ist zunächst festzustellen, daß meine Mandantin durch Ihre Abmahnung in Ihrem beruflichen Fortkommen und vor allem in Ihren Persönlichkeitsrechten beeinträchtigt wird. Meine Mandantin kann die Beseitigung der durch die Abmahnung entstandenen Beeinträchtigungen verlangen, da die Abmahnung unrichtige Tatsachenbehauptungen, unsachliche Werturteile sowie rechtsirrig angenommene Vertragsverstöße enthält.
Im Einzelnen muß zunächst festgestellt werden, daß meine Mandantin lediglich einmal im Jahr aus familiären und traditionellen Gründen unentgeltlich Ihrem Vater ...,hinsichtlich seines Bierpavillions auf dem Pützchensmarktgelände, aushilft. Weitere körperliche Arbeiten in der Freizeit meiner Mandantin haben nie stattgefunden und können nur Ihrer Phantasie entspringen.
Diese Tätigkeit, falls man sie überhaupt als Tätigkeit bezeichnen kann, geschieht unentgeltlich und vor allem freiwillig als Freizeitbeschäftigung ohne körperliche Anstrengung. Dies bedeutet, meine Mandantin geht immer nur dann in den Pavillion, wenn gerade mal ein Engpass herrscht und vor allem nur dann, wenn sie sich körperlich dazu in der Lage fühlt. Überwiegend hält sie sich während der Markttage im Hause ihres Vaters auf, damit ein Ansprechpartner dort vorhanden ist.
Die Tätigkeit meiner Mandantin beeinflußt sie daher in keinster Weise körperlich, da ihre Tätigkeit lediglich einmal im Jahr und dann überwiegend keine körperliche Arbeit ist. Die Behauptung, diese eine Tätigkeit sei ursächlich für Fehlzeiten meiner Mandantin, ist daher nicht aufrecht zu erhalten.
Eine Maßregelung, wie meine Mandantin ihre Freizeit gestaltet, inbesondere wo sie sich in ihrer Freizeit aufhält, entbehrt jeglicher Grundlage. Eine Nebentätigkeit, im Sinne des Wortes selbst, hat es seit der Zeit der anerkannten Schwerbehinderung nie gegeben und kann daher auch nicht ihr Unternehmen negativ beeinflussen bzw. beeinflußt haben.
Die ... Forderung zum Widerruf und Entfernen der Abmahnung vom 20.09.2000 aus der Personalakte meiner Mandantin ist daher auch begründet.
Als Frist für eine Stellungnahme von Ihrer Seite habe ich mir den 5.Januar 2001 notiert. Sollten Sie der obigen Forderung nicht nachkommen, mache ich Sie bereits jetzt darauf aufmerksam, daß der Klageweg nicht ausgeschlossen wird.
Abschrift für den Betriebsrat anbei
Mit freundlichen Grüßen...

HIER geht es wieder zur Kopie.

Plötzlich ging es sehr schnell:

...bezugnehmend auf Ihr Schreiben vom 21.Dezember 2000 teilen wir Ihnen mit, dass wir die Abmahnung vom 20.September 2000 aus der Personalakte von unserer Mitarbeiterin, Frau Jutta Albrecht, entfernt haben.
Mit freundlichen Grüßen...

Die Kopie ist davon ist HIER.

Und die Nachwirkungen?

Fortsetzung folgt...

© 2003 Jutta Albrecht          Impressum